Montag, 19. Oktober 2009

Liebe Mütter...die Realität ist euer Feind




Samstag blieben mein Mann und ich "irgendwie" beim Supertalent hängen. Ja, im ernst, wir sehen und eigentlich keine Casting-Shows an. Oder zumindest nicht bekennend, denn der ein oder anderen kann man sich natürlich auch bei ( halbherziger ) Verweigerung nicht wirklich entziehen.

Supertalent also...Eigentlich nur, weil ich irgendwo im www einen wirklich witzigen Artikel dazu gelesen habe, wie furchtbar es ist...aber man muss dann am Ende ja trotzdem hingucken...Verkehrsunfall und so....

Wer's bisher nicht gemacht hat ( also hingeguckt ), der kann es (noch) für lau auf rtlnow.de tun. Aber ob man diese Talente immer alle sehen muss...hm...nun ja...

Aber zurück zum Thema. Den Müttern und der Realität...
Und das "Supetalent" Mia. Meiner Meinung nach ein echtes Paradebeispiel für das ubiquitäre Verklären seiner eigenen Brut. An und für sich ein trauriges Menschheitskapitel.
Mia ist Vier, trägt Sachen aus dem Versandhauskatalog, einen Modenamen und wird von ihrem Papa ins Bild getragen, der, ganz Profi, mit dem bemitleidenswerten und völlig unentzückenden Kind geübt hat, wie man möglichst entzückend "Mia" und ( nach seiner Aufforderung "Weiter!" ) "Fia" ( sie ist Vier ) in eine Kamera sagt. Und er ist sich auch nicht zu schade, mitzuteilen, wie die Familie heißt, wo sie wohnt ( damit auch externe Produzenten für den Plattenvertrag das leicht rausfinden können oder was ? ) und was seine Tochter für ein Talent hat. Schafft er sogar in einem ganzen Satz ( hat er vermutlich genau so lange wie seine Tochter geübt )
"Das Talent ist: sie kann singen!"...Ah...öhm...ja... (Schlag' doch noch mal im Duden, das ist ein Buch, ein Buch ist sowas wie...ach lassen wir das, google doch' einfach mal "Talent"...Papa von Mia! Übrigens finde ich dein Hemd mit den tollen Tribals am Arm sehr geil...)


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Ein paar Minuten später stehe Mia mit einem Mikro, das ungefähr so groß ist wie sie selbst auf der Bühne, vor der Jury und dem Publikum. Im Hintergrund die Eltern, mit Tränen in den Augen. Und nein, nicht, wie es realistischerweise zu erwarten wäre, weil sie wissen, was jetzt gleich kommt. Mias Mama, Kategorie...hm... ich tippe mal auf "Aushilfe im Sonnenstudio" ist auch gekommen. Angetan fiebert sie mit ihrem talentierten Kind mit. Aber schon klar, wenn man's selbst zu nichts gebracht hat im Leben, dann hat man wenigstens "so ein niedliches Kind...ganz intelligent, wird bestimmt mal Ärztin..."
Klar, alle Ärztinnen, die ich kenne haben Mütter vomTyp "Ich habe an jedem Finger einen silbernen Glitzerring und gemachte Nägel".
Aber all das war bei der Frontzahnkaries unseres Talents ja beinahe zu erwarten ( Wie übel, dass sich solche Klischees dann am Ende auch immer wieder erfüllen ). Wer muss schon auf die Ernährung achten oder mal zum Zahnarzt, wenn er doch Talent hat für die Bretter, die die Welt bedeuten? Und 35 Euro für gemachte Nägel sind ja auch deutlich besser angelegt.
Mia, Schätzchen, tut mir leid, wenn ich deinen Eltern, die sich für nichts zu schade ( und ich würde jetzt wirklich gerne schreiben:
dafür aber für vieles zu dumm ) sind , da eine Illusion rauben muss...
Für Implantate musst Du länger singen als eine RTL-Karriere im günstigsten Fall anhält...
( Daniel? Hey, Daniel...hast Du eigentlich die Spülmaschine heute schon ausgeräumt? )


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Egal...Mia singt schon mal...für den Zahnarzt und für alle Ohren bis auf die vier der angetanen Eltern grausam.
Mag' ja sein, dass die Eltern vom vielen Drill schon abgehärtet sind und das Grauen nicht mehr hören. Aber offenbar klappt es auch mit dem Sehen nicht mehr so berauschend...Wieso um alles in der Welt sehen sie denn sonst nicht, das dieses Kind vermutlich noch talentfreier als alle anderen Gören auf dem Spielplatz eine angepasste ( "Du musst doch nicht um deine Mia weinen" ) Version von Heintjes "Mama" plärrt und auch sonst nichts besonderes ist. Sie ist nicht mal besonders hübsch ( Woher soll sie das bei diesen Eltern auch bitteschön sein ? Lässt sich mit Sicherheit auch auf die Intelligenz ausweiten ) und die Zähne, na ja, da bin ich echt empfindlich.

Und wir beobachten einmal wieder dieses Phänomen: Mein Kind ist super...wieso? Na weil es meines ist. ( Tolle Erklärung ! )


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Tendenziell neigt man wohl dazu, sich selbst und seinen Genpool deutlich zu überschätzen. Denn wieso um alles in der Welt denkt man sonst schon bei der Namensgebung darüber nach, wie sich genau dieser "besondere" Name ( für das so besondere Kind ) als Arzt, Anwalt oder Vorstandsvorsitzender macht ? ( Liebe Mütter, es gibt Statistiken, die besagen, dass weit über 75% aller Ärzte schlicht Kinder von Ärzten sind und sich das in den Führungsetagen bezüglich der Herkunft und des familiären Backgrounds ganz genau so verhält. )
Und ein "Ich hoffe manchmal echt, dass er sich grade nur dumm stellt, sonst hat er spätestens in der zweiten Klasse ein echtes Problem" habe ich bisher nur von...ihr ahnt es... Ärzten gehört...drängt sich also die Frage auf, ob sich das Verklären der Kinder indirekt proportional zur (Aus-)Bildung der Eltern verhält...könnte was dran sein...Aber ganz gleich was auch immer dran ist...ein bisschen Realismus hat noch niemandem geschadet...und manchmal, da tut die Realität eben weh...im Fall von Mia in meinen Ohren...

Dankeschön !







1 Kommentar:

  1. Ja wie, willst Du mir jetzt damit sagen, dass ich Tim doch nicht für die nächste Staffel anmelden soll? Und dass er auch kein Anwalt/Arzt/Chef oder so was wird? Wer soll denn dann meine Rente finanzieren?

    Es ist immer wieder schön, wie Du schreibst, was ich denke (wobei ich es heute nicht geguckt habe - Illuminati hat mich mehr "gereizt" ;-))

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